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Georgien – Mit dem Kajak unterwegs im wilden Kaukasus

Ganz am Rande Europas, eingezwängt zwischen mächtigen Gebirgen und weiten Wassern drängt sich ein kleines Land. Abgeschirmt von den ausgedehnten Landmassen Russlands und der Türkei, durch das Schwarze Meer vom Rest Europas getrennt, verbindet die Menschen Westeuropas zunächst wenig mit dem jungen Staat Georgien. Und doch wurden hier schon im 1. bis 3. Jahrhundert christliche Gemeinschaften gegründet. Auch heute noch sind die Georgier tief im christlich-orthodoxen Glauben verwurzelt. Das ganzjährig milde Klima und die beeindruckende Schönheit des Kaukasusgebirges machen Georgien zur Top-Destination naturverbundener Reisender. 

Die subtropische Schwarzmeerküste lockt von Frühjahr bis Herbst Badeurlauber. In Distanzen von wenigen Hundert Kilometer erleben Besucher eine enorme Vielfalt von Landschaftsformen und Vegetationszonen. Und auch Kajakfahrer finden in Georgien perfekte Bedingungen: Im Frühjahr locken die steilen, fast schon tropisch grünen Täler der Schwarzmeerküste bei Batumi, im Frühsommer und Herbst stehen die Flüsse des Kleinen Kaukasus im Saft. Auf dem Mtkvari, der auf seinem Weg vom türkischen Hochland bis zur Mündung ins Kaspische Meer weite Teile des Landes entwässert, finden Weitwanderpaddler ein auf langen Strecken noch unberührtes Flusstal. Seit über zehn Jahren bietet Toros Outdoors in Georgien Wildwasserreisen an.

Das UNESCO-Welterbe-Dorf Ushguli auf 2100 Meter Höhe.
Das UNESCO-Welterbe-Dorf Ushguli auf 2100 Meter Höhe. | Foto: Christoph Scheuermann

Das Paddeln

Von April bis November reicht die Hauptpaddelsaison im Großen Kaukasus. Kraftvolle Gletscherflüsse wie Tergi, Rioni, Tskhenistskali und Enguri entwässern die ewigen Schneefelder der bis zu 5000 Meter hohen Berge. Im Spätsommer kommen auch gemäßigte Gemüter voll auf ihre Kosten. Klare Seitenbäche mit technischen Etappen ergänzen die oft sehr langen Etappen der Hauptflüsse.

Misha legt die Linie vor am Khobistskali.
Misha legt die Linie vor am Khobistskali. | Foto: Christoph Scheuermann

Während unserer Wildwassercamps bereisen wir verschiedene Regionen des Großen Kaukasus, wo wir mit den Viertausendern im Rücken die nach dem Ende der Schneeschmelzen zahmer gewordenen Gletscherflüsse paddeln. Feucht-warmes Wetter im zentralen Tiefland um Tbilisi und Kutaisi steht im Kontrast zur herbstlichen Atmosphäre in den Hochtälern. Gute Wasserstände sind dank kräftiger Gletscherschmelze und der (bislang) fehlenden Kraftwerksregulierung garantiert.

Der Tekhuri bei Taleri.
Der Tekhuri bei Taleri. | Foto: Christoph Scheuermann

Camp I – Die Klassiker des Westens

Diese Reise führt uns zu den Klassikern des Großen Kaukasus und steht allen offen, die sich auf WW III sicher fühlen. Die zentrale Lage des Flughafens Kutaisi erschließt das Revier im Nordwesten noch besser, in die Bergwelt Swanetiens ist es nur ein Katzensprung. Ein Hauptziel der Reise sind die in Ratscha und Niederswanetien gelegenen Flüsse Rioni (WW II–IV) und Tskhenistskali (WW II-IV). Eine Vielzahl von Etappen lassen uns für jedes fahrerische Level ideale Abschnitte finden. Ausreichend Wasser vorausgesetzt steuern wir die mittelschweren Flüsse des subtropischen Westens an. Kintrishi (WW II-IV), Khobistskali (WW III-IV) und Tekhuri (WW III-IV) empfangen uns mit klarem Wasser und verblockten Schwällen.

Hochkarätiges Wildwasser ist garantiert im georgischen Indian Summer. Doch auch die Kultur kommt nicht zu kurz: Im Norden von Kutaisi ziert eine ganze Reihe sehenswerter Klöster die Vorberge. Die Herberge der Künsterfamilie Gugashvili dient uns als Ausgangspunkt im Rionital, von dort aus erkunden wir die Relikte des sowjetischen Luftkurorts Shovi. 

Der Rioni oberhalb des Städtchens Oni.
Der Rioni oberhalb des Städtchens Oni. | Foto: Christoph Scheuermann

Programm und Können

Das Camp wird je nach Gruppengröße von einem oder zwei qualifizierten Kanulehrern geführt. Obwohl das Fahrtenprogramm dem Charakter einer geführten Tour entspricht, schulen wir auf Wunsch Einheiten zu Paddeltechnik, Fahrtaktik und Sicherheit. Das technische Niveau der Flüsse liegt um WW III+, nur einzelne (umtragbare) Stellen erreichen eine (schwache) Vier. Wer an der Tour teilnehmen möchte, sollte über Kenntnisse im gehobenen III. Schwierigkeitsgrad verfügen. Das Beherrschen der Rolle ist von Vorteil, aber kein Muss.

Camp II – Der Kaukasus für Einsteiger

Ihr sucht keine sportlichen Höchstleistungen. Ihr wollt die Magie des Kaukasus erleben, entspannt durch Georgien paddeln. Landschaft, Kultur und Kulinarik in ganzer Pracht erleben, aber ohne euch auf dem Wasser zu fürchten. Ihr paddelt sicher WW II-III, wenn nicht im Kajak, dann im Schlauchkanu. Willkommen zum 2019 erstmals durchgeführten Camp »Kaukasus für Einsteiger«. Volle 14 Tage nehmen wir uns Zeit, um nicht nur die klassischen Gletscherflüsse des Großen Kaukasus zu erleben. Auch dem Osten des Landes mit den nicht so häufig gepaddelten Flüssen Aragvi-Quellflüssen sowie dem längsten Fluss Transkauskasiens, dem Mtkvari (russisch: Kura) statten wir einen Besuch ab. Natürlich bekommen wir auch den spektakulären Mount Kazbek zu Gesicht. Zu seinen Füßen paddeln wir im auf 2000 Meter gelegenen Hochtal des rasanten Tergi. Den eindrucksvollen Kontrast bildet das touristisch wenig erschlossene Grenzgebiet zu Armenien.

Georgien Unterwegs im wilden Kaukasus - Tekhuri
Letzte Absprachen, dann geht’s weiter auf den technischen Schwällen des Tekhuri | Foto: Peter B.

Programm und Können

Das Camp wird je nach Gruppengröße von einem oder zwei Kanulehrern geführt. Obwohl das Fahrtenprogramm dem Charakter einer geführten Tour entspricht, schulen wir auf Wunsch Einheiten zu Paddeltechnik, Fahrtaktik und Sicherheit. Das technische Niveau der Flüsse liegt bei WW II-III+. Wer an der Tour teilnehmen möchte, sollte solide Fähigkeiten in WW II-III Schwierigkeitsgrad mitbringen.

Beitrag: Georgien - Mit dem Kajak unterwegs im wilden Kaukasus - Lower Kintrishi
Auf dem Kintrishi | Foto: Christoph Schwaab

Camp III – Indian Summer auf Georgisch

Zur Teilnahme am Kaukasus-Camp III ist das solide Beherrschen von WW III+ Voraussetzung. Bei Bedarf teilen wir die Gruppe und greifen auf versch. Abschnitten an. Somit kommen auch sattelfeste WW IV-Paddler zum Zug. Neben anspruchsvollen Etappen der großen Gletscherflüsse steuern wir die Creek-Reviere Westgeorgiens an. In den subtropischen Tälern von Adscharien und Samogrelo verstecken sich die kaum bekannten Urwald-Creeks des (Kleinen) Kaukasus. Flankiert von moosbesetzten Felsen, umrankt von fast mannshohen Farnen zählen die auf kaum hundert Meter Seehöhe gelegenen »Hidden Creeks« des Westens zum schönsten, was die Paddellandkarte zu bieten hat. Der ein oder andere Regentag sorgt für den nötigen Wasserzuschuss, doch auch Anfang Oktober sind die Tage im meeresnahen Tiefland noch warm.

Beitrag: Georgien - Mit dem Kajak unterwegs im wilden Kaukasus
Steile Meile auf der Bzuzha | Foto: Christoph Schwaab

Eine auch bei trockenem Wetter wassersichere Option ist das Tal des Rioni. Der Rioni bietet im Herbst mehrere wuchtige Strecken zwischen WW II und IV+. Auf den leichten Zwischenstücken bleibt viel Zeit, die naturbelassene Berglandschaft Ratschas zu genießen. Neben Landschaft und Wasser ein weiterer Pluspunkt: die liebevoll geführten Guesthouses mit richtig leckerer Küche. Ebenfalls im Großen Kaukasus befinden sich Tskhenistskali (WW III und IV) und Kheledura (WW III-IV+) in Niederswanetien. Die vom Tourismus immer noch wenig berührte Gegend begeistert mit endlosen Schwällen, auf der Kheledura kommen Liebhaber eng-verblockten Wildwassers auf ihre Kosten. Ausreichend Wasser vorausgesetzt verbringen wir etwa die Hälfte der Zeit in Westgeorgien auf den Flüssen Supsa (bis WW IV+), Bzhusha (WW II-IV+), Khobistskali und Tekhura, Machakhela (mehrere Etappen WW III-V) und Kintrishi (WW III-IV).

Passt das Wasser im Westen, gastieren wir in einem Hotel direkt am Schwarzmeerstrand. Sollte das Wasser für die tiefer gelegenen Flüsse Westgeorgiens nicht reichen, bleibt Zeit für die spektakulären Schluchtenflüsse Oberswanetiens Enguri (WW III-IV+) und Nenskra (WW III-IV+).

Programm und Können

Je nach Gruppengröße wird das Camp von einem oder zwei Kanulehrern geführt. Obwohl die Touren dem Charakter einer geführten Tour entsprechen, schulen wir auf Wunsch Einheiten zu Paddeltechnik, Fahrtaktik und Sicherheit. Das technische Niveau der Flüsse liegt der jeweiligen Teilgruppe angemessen zwischen WW III und IV+, einzelne (umtragbare) Stellen können auch schwerer sein. Wer an der Tour teilnehmen möchte, sollte über solide Kenntnisse im III. Schwierigkeitsgrad verfügen. Wer in der schweren Gruppe paddeln möchte, bringt eine sichere Rolle, Sattelfestigkeit im vierten Grad und gute körperliche Fitness mit.

Im hinteren Khobi-Tal.
Im hinteren Khobi-Tal. | Foto: Christoph Scheuermann

Logistik, Unterkunft & Verpflegung

Die empfohlene Anreise startet an den Flughäfen Memmingen, Dortmund oder Hamburg, seit November 2021 werden auch wieder Berlin und Wien angeflogen. Von dort geht es per Direktflug nach Kutaisi. Wizz Air bringt uns direkt ins Paddelparadies Westgeorgien, die Kajaks gehen dank einer Sondervereinbarung problemlos mit an Bord.

Vor Ort geht es dann weiter – entweder im Allrad-Van Mitsubishi Delica oder dem geländegängigen Mercedes Sprinter. Unsere Fahrer kennen die Strecke ebenso gut wie die Möglichkeiten ihrer Autos. So können auch die entlegensten Flusstäler erreicht werden. Und für die ganz schweren Fälle findet sich auch immer ein Ural Truck…

Georgien Unterwegs im wilden Kaukasus - Logistik Tekhuri
Mehrabs Gelände-Sprinter bringt uns zuverlässig zu jedem Einstieg! | Foto: Peter B.

Die Übernachtung erfolgt fast immer familiär in kleinen Guesthouses oder naturnahen Camps. Je nach Belegung sorgt auch unser langjähriger Partner Misha vor Ort für entspannte Tage im Selbstversorgerhaus. Mit der Wahl der Unterkünfte richten wir uns flexibel nach Wetter und eurer Laune.

Foto: Marianne Widmer
Frühstück im Grünen – Das Shareuala Camp ist der perfekte Ausgangspunkt für Touren auf dem Rioni | Foto: Marianne W.

Wer im Hinterland der Türkei unterwegs war, weiß was Gastfreundschaft im Orient bedeutet. Das christliche Volk der Georgier steht seinen Brüdern im Süden in nichts nach. Wie oft haben sich schon die Türen bis dato wildfremder Familien geöffnet? Wie oft war der Tisch reich gedeckt mit den Köstlichkeiten des eigenen Gartens und aufrichtige Blicke begegneten sich mit gegenseitiger Wertschätzung unter dem tönenden Klang georgischer Trinksprüche? Gaumajos!

Die georgische Küche besticht durch einen Mix aus orientalischen und slavischen Einflüssen. So finden sich oft Walnüsse, Grantapfel und Koriander in den Essen. Die langen georgischen Tafeln sind reich gedeckt mit Kinkali, Katschapuri, Badrischani sowie gerillten oder in Soße gekochten Fleisch. Und dann gibt es ja noch den süßen georgischen Wein…

Frischgebackenes Brot – vom Ofen direkt auf den Frühstückstisch.
Frischgebackenes Brot – vom Ofen direkt auf den Frühstückstisch. | Foto: Christoph Scheuermann

Kultur

Ein halbes Jahrhundert hinterm Eisernen Vorhang versteckt, in den Neunzigerjahren Schauplatz blutiger Bürgerkriege, Blutrache und Korruption der übelsten Art: Der Kaukasus weckte bei Westeuropäern bislang eher unangenehme Assoziationen. Doch heimlich, still und leise hat sich ein kleines Land dem Tourismus geöffnet und lockt Alpinisten wie Kajakfahrer mit Natur im XXL-Format.

Georgien ist Heimat einer der ältesten Kirchen der Welt. Sehr viele der Georgier sind gläubige Christen und pflegen ihre religiösen Traditionen. Die Familie steht ganz oben auf der Leiter der Wertehierarchie. Die jahrzehntelange Überprägung durch den Sowjet-Kommunismus scheint das Bewusstsein für den Glauben der Väter eher gestärkt zu haben.

Monumentale Kunst zwischen Plattenbauten der Sowjetzeit (Chiatura, Zentralgeorgien).
Monumentale Kunst zwischen Plattenbauten der Sowjetzeit (Chiatura, Zentralgeorgien). | Foto: Christoph Scheuermann

Unter der Präsidentschaft Saakaschwilis, der die Politik des Landes an Europa und die USA anlehnte, hat sich Georgien mit hohem Tempo der Marktwirtschaft geöffnet. Zeugen des sozialistischen Ära sind dennoch allgegenwärtig. Plattenbauten in Tbilisi und anderen Städten, unzerstörbare Kamas-Laster auf den Dörfern, liebevoll gepflegte Wolga-Limousinen, die im Schritttempo über Pisten zuckeln, die kein Europäer seinem Mittelklassewagen zumuten würde. Nicht jede technische Innovation hat die Stürme der Geschichte überdauert: Kaum rückgebaute Industriebrachen, bislang nicht instandgesetzte und so nur noch im Allrad befahrbare Hauptstraßen sind Zeugen wirtschaftlichen Zusammenbruchs.

Linienbus in Niederswanetien.
Linienbus in Niederswanetien. | Foto: Christoph Scheuermann

Dem Blick des Westeuropäers schmeicheln die oft ländlichen Szenen, durch die sozialromantische Brille fühlen wir uns ein gutes halbes Jahrhundert zurückversetzt. Nicht vergessen sollten wir, dass das Leben zwischen Deindustrialisierung und unverdorbener Natur (»Hier ist noch alles Essen bio!«) oft an Reiz verliert, wenn es zum Alltag wird. So ist es dennoch eine Aufgabe, nicht als weltfremder Westler aufzutreten, der zwei Wochen Urlaub von der Konsumgesellschaft macht, sondern den Realitäten im Gastland mit Umsicht und Respekt zu begegnen. 

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Unser Guide Misha in der Serie Länder-Menschen-Abenteuer: »Georgiens wilde Schönheit – Von der Schwarzmeer-Küste in die Berge« (NDR 14.09.2023)

Einen Eindruck von Landschaft, Flüssen und nicht zuletzt vom Lebensgefühl während einer Reise nach Georgien bekommt ihr in der Reisestory “Verfechter go Georgia”

Einen ausführlicher Reisebericht mit ausführlicher Info-Box ist im KANU MAGAZIN, Heft 1/2014 erschienen (auch zu bestellen unter www.kanumagazin.de). Außerdem im KANU MAGAZIN, Heft 1/2018.  »Gamarjobat, gutes Leben!« – alle Infos zum Kajakparadies Georgien kompakt

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