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Das östliche Drittel des ca. 1000 Kilometer langen Pontusgebirge stellt mit einer eindrucksvollen, geologischen Vielfalt und Gipfelhöhen von knapp 4000 Meter ein traditionelles Ziel von Outdoor-Begeisterten jeglicher Couleur dar. Während das steil aufragende Kackar-Gebirge lange ein Geheimtipp israelischer Trekker war, haben in den letzten zehn Jahren viele Europäer und nicht zuletzt auch die Türken selbst die Vorzüge des als Klein-Himalaya bezeichneten Gebirgsmassivs entdeckt.
Nur ein schmaler Küstenstreifen trennt das Schwarze Meer von den steil ansteigenden Hängen des Ostpontischen Gebirges. Reichliche Niederschläge von Herbst bis Frühsommer sind die Grundlage einer fast schon unwirklich grünen Berglandschaft an der dem Schwarzen Meer zugewandten Nordseite. Während eine große Zahl kleiner bis mittelgroßer Wildflüsse von der Hauptkette durch tiefe Schluchten und gefällstarke Geröllbetten nach Norden dem Meer zufließen, umfließt der Coruh als größter Fluss der Region die Kackar-Berge im Süden und bricht erst an der georgischen Grenze zum Schwarzen Meer durch. Dem niederschlagsarmen und kontinental geprägten anatolischen Hochplateau entspringend ist die Vegetation am Coruh deutlich karger, das Wetter oft kühler, aber trockener als an der Küste.
Im Gegensatz zum mediterranen Taurus, an dem küstennahe Flüsse auch von Dezember bis März mit moderaten Temperaturen und oft idealen Wasserständen zur Winterflucht einladen, sollten Kajakfahrer den östlichen Pontus nicht vor Mai besuchen. Kommt man zu früh, sind Dauerregen und Hochwasser fast garantiert. Ab Mai ist mit fallenden Pegeln zu rechnen, am Coruh manchmal auch erst ab Juni. Viele Flüsse können bis in den Hochsommer befahren werden.
Ganz im Westen des Ostpontischen Gebirges liegen über den Aksu bei Giresun gesicherte Beschreibungen vor. Im Frühjahr ein ausgesprochener Wuchtfluss mit hohen Schwierigkeiten auch in den offenen Etappen, werden zu späterer Zeit die Schluchtstrecken fahrbar und bieten technisches Wildwasser. Mehrere Abschnitte oberhalb Dereli bieten Wildwasser zwischen dem dritten und fünften Grad.
Über die folgenden Schwarzmeer-Zubringer bis Trabzon ist wenig bekannt. Die Flüsse verlaufen oft in unzugänglichen Schluchten und müssen meist bei sommerlichen Wasserständen erkundet werden. Gut von der Straße einsehbar ist die in Trabzon mündende Macka. Mit ihrem geröllreichen Flussbett erinnert sie an Nordtiroler Wildbäche, die Schwierigkeiten liegen im Frühjahr in der Wasserwucht, übersteigen aber kaum den vierten Grad.
Project Kackar from ROCKS & WATER production on Vimeo.
Zwischen Trabzon und Rize brechen zahlreiche kleinere Flüsse durch gefällstarke Schluchten. So bietet z. B. der Solakli im Sommer steiles Wildwasser auf mehreren Abschnitten. Durch die Verbindungsstraße nach Ispir gut erreichbar ist der Iyi Dere. Neben mehreren offenen Kiesbett-Etappen sind entlang einer schon lange bestehenden Ausleitung steile Katarakte zu bewältigen. Der Iyi Dere ist der vom Coruh am schnellsten erreichbare Fluss auf der Schwarzmeerseite.
Zwischen Rize und der georgischen Grenze bei Hopa sticht die Firtina bei Camlihemsin heraus. Blaugrünes Wasser und ein fast schon subtropisch grünes Tal bilden die Umrahmung für einen der schönsten Bäche der Region.
Während an der Nordflanke des Hauptgebirges relativ kurze Stromgebiete schnell dem Meer zuströmen leitet der Coruh im Süden von Haldizen Daglari und Kackar Daglari auf fast 300 Kilometer Länge seine Wasser durch eine geologisch faszinierende Umgebung. Als ruhiger Fluss entströmt er der Ebene von Bayburt und wendet sich bei Ispir nach Nordosten. Wanderpaddler können ihre Fahrt nahe Bayburt beginnen. Wer wildere Wasser sucht startet in Ispir. Allerdings befinden sich seit 2010 mehrere Staudämme in Bau. 2011 konnte man zumindest 20 Kilometer oberhalb Yusufeli bis etwa zur Berta-Mündung paddeln (etwa 50 Kilometer).
Auf etwa 100 Kilometer wechselt nun unbeschwertes Wuchtwasser im breiten Kiesbett mit gewaltigen Katarakten. Stets wird der Coruh von der Talstraße begleitet, zahlreiche Nebenflüsse erhöhen die Wassermenge fortwährend. Als bekanntester Zufluss mündet der Barhal beim Provinzstädtchen Yusufeli. Seine blaugrünen Wasser bieten allein zwei weitere Tagesetappen. Paddler, die sich eher auf den gefällstarken Alpen-Creeks zu Hause fühlen als auf Finstermünzer oder Colorado, werden Barhal oder Tortum dem braunen Mahlstrom des Coruh vorziehen.
Für Liebhaber von Wuchtwasser der Extraklasse gilt aber ohne Zweifel der Coruh als König der Flüsse.
Alle Fotos zu Coruh, Barhal und Tortum wurden mir freundlicherweise von Tim Burne zur Verfügung gestellt. Das Kackar-Video hat mit freundlicher Genehmigung von Petr Snizek(www.rocksandwater.com) den Weg auf diese Seite gefunden.
Mehr zu den Flüssen im Pontusgebirge
Einmal Coruh und zurück – unter diesem Motto bereisten wir im Frühjahr 2004 die schönsten Paddelreviere der Türkei. Ein völlig überladener Toyota Kombi diente uns als treues Gefährt. Über den Balkan und die Westtürkei ging’s an die Mittelmeerküste, von dort nach Kappadokien und ans Schwarze Meer. Trotz Dauerregen und Hochwasser (Paddeln im Pontus ist im April keine allzu gute Idee) konnten wir ein knappes Dutzend Strecken zwischen Giresun und Trabzon befahren. Die ganze Story gibt’s beim Klick auf das Bild.
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